Karben zukunftssicher machen – GRÜNE Haushaltsrede 2021

Der GRÜNE Fraktionsvorsitzende Markus Dreßler blickt kritisch auf den Karbener Haushalt 2022. Foto: Joachim Gottwald.

Die Debatte über den Haushalt 2022 stand in der letzten Sitzung des Jahres auf dem Programm der Karbener Stadtverordnetenversammlung. Unser GRÜNER Fraktionsvorsitzender Markus Dreßler mahnt in seiner Rede eine nachhaltige Entwicklung in der Stadt an und erläutert, wie die GRÜNEN Anträge zum Haushaltsentwurf dazu beitragen können, die Stadt fit für die Zukunft zu machen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

„Karben zukunftssicher machen“ unter diesem Motto steht diese Haushaltsrede.

Trotz der fortwährenden pandemischen Lage möchte ich meine Rede mit etwas Positivem beginnen. Karben zukunftssicher machen; das dachte sich nahezu jede 6 Wählerin bzw. jeder 6 Wähler in Karben und hat die Grünen bei der Kommunalwahl am 14.03. gewählt.

Das bedeutet, dass wir GRÜNEN uns im Stadtparlament verdoppelt haben und zeigt den Glauben und die Hoffnung vieler Karbener Bürger*innen daran, unsere Stadt nachhaltig und zukunftssicher zu machen.

Wenn wir hingegen auf den Haushalt 2022 und noch ein bisschen weiter in die Zukunft schauen, dann finde ich nicht Herr Beck, wie Sie es in der letzten der StvV bekundet haben, „dass es sehr gut aussieht“.

Das, was ich sehe, sind dicke schwarze Wolken am Horizont und nicht einmal die gelbe Sonne wagt sich gegen dieses Unwetter durchzusetzen, sondern versteckt sich eben im Schatten des dunklen Schwarz.

Jetzt könnte man der Ansicht sein, dass Regen mit dunklen schwarzen Wolken blühende Landschaften hervorbringt. Aber wie uns dieses Jahr die zwei Starkregenereignisse in Karben gezeigt haben, vom Ahrtal wage ich erst gar nicht zu sprechen, gibt es auch hier in Karben in Sachen Klimaschutz noch viel Nachholbedarf.

Zum Thema Klimaschutz

Volle Kassen, ein Haushalt, der so jeden Kämmerer dahinschwelgen lässt. Tja und was macht man mit dem vielen Geld? Reinvestieren! Eine gute Sache, könnte man grundsätzlich meinen.

Doch bei genauerem Hinsehen in die größten Investitionspositionen 2022 wird einem schnell klar, Klimaschutz spielt nur eine sehr untergeordnete Rolle, denn weit weniger als 10 % werden für Nachhaltigkeit und Klimaschutz in 2022 investiert, aber dafür 37 % in den CO2-lastigen Straßenbau bzw. Straßenausbau.

Also, volle Kassen sind kein Garant für Fortschritte im Karbener Klimaschutz. Die Karbener Politik muss doch eigentlich die Rahmenbedingungen schaffen, dass das Kapital nicht in schwarzen Löchern verschwindet, die dann tonnenweise mit schwerem Asphalt versiegelt werden, damit sich das Pflänzchen der Privatwirtschaft in der gelben Sonne des Liberalismus weiter ausbreiten und wachsen kann. Vielmehr sollte doch ein großer Teil der Investitionssumme bspw. in weitere Windkraftkraftanlagen oder in PV-Parks fließen.

Nicht darüber nachdenken, wo das nächste Gewerbegebiet entstehen kann, liebe Kolleginnen und Kollegen, sondern auch mal darüber nachdenken, wo man proaktiv etwas Sinnvolles für den Klimaschutz tun kann.

Aber Windkraftanlagen bringen viel bürgerlichen Widerstand mit sich und anstatt sich damit auseinanderzusetzen, zieht man lieber den Kopf ein, um bloß nicht dem Bundestrend der eigenen Partei zu verfallen und Wählerstimmen zu verlieren und versteckt sich hinter Begriffen wie Solar-Kataster und anderen Fachtermini.

Lieber schwarzes Gold, das in Händen glücklicher Gewerbetreibender gehalten wird, als die schwarze Oberfläche einer PV-Anlage, die auch nachfolgenden Generationen in Karben ein Lächeln ins Gesicht treibt.

Also keine Sonne, keine grüne Wiese, sondern nur schwarze Regenwolken. Da kann man froh über jeden roten Leuchtturm auf einer GRÜNEN Wiese sein.

Wenn Sie nicht den Mut haben, wir haben ihn, wie unser Antrag zu diesem Thema zeigt. Selbst die bisherige Bundesregierung hatte zuletzt noch diesen Mut und initiiert zum 01.01.2022 diverse Förderprogramme für nachhaltigen Klimaschutz in Kommunen, die die Lebensqualität vor Ort steigern und den kommunalen Haushalt durch sinkende Energiekosten entlasten sollen.

Unseren Antrag zur Erstellung eines Konzeptes für den Flächenausweis von erneuerbaren Energien ziehen wir zurück und warten die Ergebnisse der aktuellen Erhebung für potenzielle erneuerbare Energien-Standorte im Stadtgebiet ab. Wir freuen uns insbesondere, das Thema mit der lobenswerterweise neu geschaffen Klimaschutz-Arbeitsstelle in der Verwaltung und unserem GRÜNEN Klimaschutzdezernenten dann proaktiv im nächsten Jahr weiter voranzutreiben.

Bauen & Nachhaltigkeit

Jedes Saatkorn braucht fruchtbaren Boden und fruchtbarer Boden hat in Karben eine besondere Eigenschaft. Nicht nur, dass wir in Karben einen der wertvollsten Böden in ganz Europa haben, der nämlich unheimlich gut Wasser speichern und dann wieder sukzessive zurück an die Saat abgeben kann.

Nein, er hat sogar die Eigenschaft, dass er anscheinend unschiere Vorräte an Kapital in sich trägt, so dann man ihn nur fest genug auspresst, dass das Geld nur so aus ihm heraus und direkt in das Stadtsäckel sprudelt.

Sozusagen ein Aufhübschungsbrunnen unserer Karbener Finanzen. Blöd nur, wenn einst auch der letzte Kapitalbrunnen versiegen wird und sich nachfolgende Kämmer*innen über einen soliden und nachhaltigen Haushalt den Kopf zerbrechen müssen, während der aktuelle vielleicht im Ruhestand ist und sich bei 30 + 1,5 Grad seines eigenen gefüllten Brunnens durch eine Abkühlung erfreut.

Ein Wechselbad der Gefühle sozusagen, auch wenn man sich das Thema Nebenkosten unserer Karbener Bürger*innen im Kontext Müllentsorgung anschaut. Da beklagt sich die Stadtverwaltung, in Person durch den Bürgermeister im Livestream, dass die Abfallmengen in Karben immer größer und illegal entsorgt werden. Dabei vergisst man ganz nebenbei zu erwähnen, dass die Stadt durch die ständig ansteigende Müllmengen Jahr für Jahr (mindestens seit 2018) Gewinne mit ihrer Gebührenstruktur erwirtschaftet.

Das Geld wird dann lieber als vermeintliche Rücklage verwendet, anstatt wie es vom Kreislaufwirtschaftsgesetz verpflichtend vorgegeben ist, zielgerichtet für die Entwicklung von Abfallkonzepten auszugeben.

Zudem wurde die Förderung von Abfallkonzepten noch vom ehemaligen Bundeskabinett in 2021 beschlossen und soll aktiv gefördert werden. Wir möchten auf den Zug der Nachhaltigkeit aufspringen und beantragen, dass die Stadt ein kommunales Abfallvermeidungskonzept erarbeitet oder extern in Auftrag gibt, das das Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit stärkt.

Soziales

Nachhaltigkeit – schon die Kleinsten unserer Stadt werden mit diesem Wort ganz normal aufwachsen. Mit gutem Beispiel voran sollte also die Devise lauten. Dazu gehört auch, dass Kinder in den städtischen Betreuungseinrichtungen außerhalb ihrer Familie soziale, gesellschaftliche und kulturelle Grundwerte beigebracht bekommen. Dazu zählt eigentlich aber auch, gemeinsam in einer Gruppe von Erzieher*innen ein gesundes, dem Tierwohl entsprechendes Mittagessen zu sich zu nehmen. Viele Erzieher*innen essen aber entweder allein, warten ab, bis die Kinder fertig sind oder essen einfach gar nichts. Deswegen beantragen wir, dass die Erzieher*innen dieser Stadt das Essen von der Stadt gezahlt bekommen, um so das soziale Gefüge und Miteinander schon im Kindesalter zu stärken. Ganz nebenbei dürfen alle eine Mahlzeit in Bio-Qualität genießen, anstatt Tiefkühlkost und „Dosensuppen“ oder Speisen, die zwar regional und in einem Stadtteil-Supermarkt nah gekauft wurden, aber fernab von nachhaltig gesund zubereitetem Essen liegen.

Bleiben wir bei den Kleinsten und greifen noch mal das Thema Abfallvermeidung auf. Die Problematik der Vermüllung ist weit bekannt und so werden im Abfallvermeidungsgesetz der EU die Länder dazu aufgefordert, Ressourcen zu sparen. Auch im nationalen Kreislaufwirtschaftsgesetz ist das Ziel „Verringerung der Abfallmenge“ definiert.

Leider setzen wir dieses Ziel bei der Wegwerfwindel auch in Karben nicht um.

Mit der Weiterentwicklung der Stoffwindel gibt es eine ernst zu nehmende Alternative, welche sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll ist. Hier kann die Stadt Karben einen proaktiven Beitrag, auch im Sinne einer familienfreundlichen Stadt, leisten.

Konkret; 75,-€ für jede Person im Windelalter soll auf Antrag für gekaufte Stoffwindeln zurückerstattet werden. Im H+F wurde beschlossen, den Antrag in das Abfallvermeidungskonzept hinsichtlich einer sinnvollen Machbarkeitsstudie zu integrieren. Wir freuen uns auf die Ergebnisse.

Bleiben wir bei Familien; aber leider mit einem sehr traurigen Blickwinkel. Die Corona-Pandemie hat einen starken Anstieg häuslicher Gewalt gezeigt. Allein in 2020 suchten 191 Frauen und 3 Männer in der Wetterau Unterstützung, beispielsweise beim Frauennotruf, und es ist leider zu erwarten, dass diese Zahlen weiter steigen werden.

Dies allein zeigt, wie bedeutend der Kampf gegen sexualisierte Gewalt ist und wir nehmen durchaus positiv zur Kenntnis, dass die Stadt Karben orange-farbene Flaggen als Zeichen zur Verbesserung in dieser Problematik hisst.

Umso wichtiger ist der nächste Schritt, dieses Angebot stärker als bisher finanziell zu fördern und beantragen deshalb den Zuschuss von 450,- auf 5.000 € für alle gleichartigen Institutionen zu erhöhen.

Hilfe, ebenso ein wichtiges Thema für Flüchtende, die Hilfe und Zuflucht in Karben suchen, denn die Flüchtlingshilfe leistet einen wichtigen Beitrag für die Integration von Geflüchteten in Karben. Obwohl die Flüchtlingszahlen, im Moment, noch niedriger sind als vor einigen Jahren, die Arbeit der Flüchtlingshilfe hat nicht abgenommen.

Ebenso dürfen wir anhand von weltpolitischen Entwicklungen damit rechnen, dass die Zahl der Asylsuchenden in Karben wieder ansteigen wird. Deshalb wäre es eine dramatische und katastrophale Entwicklung, wenn die Flüchtlingshilfe ihre Arbeit, wegen fehlender finanzieller Zuweisungen seitens der Stadt, ausgerechnet jetzt einstellen müsste. Wir GRÜNEN begrüßen hier den überfraktionellen Konsens der gemeinschaftlichen Verständigung, der die Erhöhung der Aufwendungen von 19.600 € auf 25.000 € vorsieht.

Und nun zu einem unserer Lieblingstehmen, dem

Radwegeausbau

Positiv habe ich mit meinen Ausführungen begonnen, positiv möchte ich deshalb auch gleich enden. Schaut man sich den Radwegeausbau in Karben an, ja so hat sich zugegebenermaßen im außerörtlichen Radwegeverkehrsnetz einiges getan.

Umso mehr freuen wir uns deshalb, dass wir es mit den Inhalten des Karbeners Radwegekonzeptes, zudem wir als GRÜNE maßgeblich beigetragen haben, es überfraktionell schaffen werden, zukünftig auch den innerstädtischen Radverkehr mehr zu berücksichtigen als in den vergangenen 10 Jahren.

Anders als mit Windkraftanalgen kann man hier, auch wenn man sonst als Nicht-GRÜNER wenig für Radverkehr übrig hat, direkt bei den Bürger*innen punkten, zum guten Image der eigenen Partei beitragen und auf der GRÜNEN Welle mitschwimmen bzw. radeln. Aber es sei angemerkt, um positiv zu bleiben, hier geht es um eine wirklich gute Sache und es gilt auch weiterhin diesen Zukunftsstrom der positiven Veränderung nicht aufzuhalten, sonst droht es …

… mit vollem Elan und ohne Plan gegen die Wand des Stillstands zu fahrn‘.

Karben zukunftssicher machen – mit Elan und nachhaltigem Plan – dafür stehen unsere Anträge und dafür werben wir um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.

Markus Dreßler, 10.12.2021